Ein Kaufmann wollte auf die Messe gehen, da fragte er seine drei
Töchter, was er ihnen mitbringen sollte.
Die älteste sprach: ,,Ein schönes Kleid"; die zweite:
,,Ein paar hübsche Schuhe", die dritte: ,,Eine Rose".
Aber die Rose zu verschaffen, war etwas schweres, weil es mitten
im Winter war, doch weil die jüngste die schönste war, und sie
eine große Freude an den Blumen hatte, sagte der Vater, er wolle
zusehen, ob er sie bekommen könne, und sich recht Mühe darum
geben. Als der Kaufmann wieder auf der Rückreise war, hatte er ein
prächtiges Kleid für die älteste, und ein paar schöne
Schuhe für die zweite, aber die Rose für die dritte hatte er
nicht bekommen können, wenn er in einen Garten gegangen war, und nach
Rosen gefragt, hatten die Leute ihn ausgelacht: ,,Ob er denn glaube, dass
die Rosen im Schnee wüchsen.“
Das war ihm aber gar leid, und wie er darüber sann, ob er gar
nichts für sein liebstes Kind mitbringen könne, kam er vor ein
Schloss, und dabei war ein Garten, in dem war es halb Sommer und halb Winter,
und auf der einen Seite blühten die schönsten Blumen gross und
klein, und auf der andern war alles kahl und lag ein tiefer Schnee. Der
Mann stieg vom Pferd herab, und wie er eine ganze Hecke voll Rosen auf
der Sommerseite erblickte, war er froh, ging hinzu und brach eine ab, dann
ritt er wieder fort.
Er war schon ein Stück Wegs geritten, da hörte er etwas
hinter sich herlaufen und schnaufen, er drehte sich um, und sah ein grosses
schwarzes Tier, das rief: ,,Du gibst mir meine Rose wieder, oder ich mach
dich tot, du gibst mir meine Rose wieder, oder ich mach dich tot!“
Da sprach der Mann: ,,Ich bitte dich, lass mir die Rose, ich soll
sie meiner Tochter mitbringen, die ist die Schönste auf der Welt.“
,,Meinetwegen, aber gib mir die schönste Tochter dafür
zur Frau!“
Der Mann, um das Tier los zu werden, sagt ja, und dachte, das wird
doch nicht kommen und sie fordern, das Tier aber rief noch hinter ihm drein:
,,In acht Tagen komm ich und hol meine Braut.“
Der Kaufmann brachte nun einer jeden Tochter mit, was sie gewünscht
hatten; sie freuten sich auch alle darüber, am meisten aber die jüngste
über die Rose.
Nach acht Tagen saßen die drei Schwestern beisammen am Tisch,
da kam etwas mit schwerem Gang die Treppe herauf und an die Türe und
rief: ,,Macht auf! Macht auf“.
Da machten sie auf, aber sie erschraken recht, als ein großes
schwarzes Tier hereintrat. ,,Weil meine Braut nicht gekommen, und die Zeit
herum ist, will ich mir sie selber holen.“ Damit ging es auf die jüngste
Tochter zu und packte sie an. Sie fing an zu schreien, das half aber alles
nichts, sie musste mit fort, und als der Vater nach Haus kam, war sein
liebstes Kind geraubt.
Das schwarze Tier aber trug die schöne Jungfrau in sein Schloss,
da war's gar wunderbar und schön, und Musikanten waren darin, die
spielten auf, und unten war der Garten halb Sommer und halb Winter, und
das Tier tat ihr alles zu Liebe, was es ihr nur an den Augen absehen konnte.
Sie aßen zusammen, und sie musste ihm aufschöpfen, sonst
wollte es nicht essen, da ward sie dem Tier hold, und endlich hatte sie
es recht lieb.
Einmal sagte sie zu ihm: ,,Mir ist so Angst, ich weiß nicht
recht warum, aber mir ist, als wär mein Vater krank, oder eine von
meinen Schwestern, könnte ich sie nur ein einziges mal sehen!“
Da führte sie das Tier zu einem Spiegel und sagte: ,,Da schau
hinein“, und wie sie hineinschaute, war es recht als wäre sie zu Haus;
sie sah ihre Stube und ihren Vater, der war wirklich krank aus Herzeleid,
weil er sich Schuld gab, dass sein liebstes Kind von einem wilden Tier
geraubt und gar von ihm aufgefressen sei, hätte er gewusst, wie gut
es ihm ging, so hätte er sich nicht betrübt; auch ihre zwei Schwestern
sah sie am Bett sitzen, die weinten.
Von dem allen war ihr Herz ganz schwer, und sie bat das Tier, es
sollte sie nur ein paar Tage wieder heim gehen lassen. Das Tier wollte
lange nicht, endlich aber, wie sie so jammerte, hatte es Mitleid mit ihr
und sagte: ,,Geh hin zu deinem Vater, aber versprich mir, dass du in acht
Tagen wieder da sein willst.“
Sie versprach es ihm, und als sie fort ging, rief es noch: ,,Bleib
aber ja nicht länger als acht Tage aus.“
Wie sie heim kam, freute sich ihr Vater, dass er sie noch einmal
sähe, aber die Krankheit und das Leid haften schon zu sehr an seinem
Herzen gefressen, dass er nicht wieder gesund werden konnte, und nach ein
paar Tagen starb er. Da konnte sie an nichts anderes denken vor Traurigkeit,
und hernach ward ihr Vater begraben, da ging sie mit zur Leiche, und dann
weinten die Schwestern zusammen und trösteten sich, und als sie endlich
wieder an ihr liebes Tier dachte, da waren schon längst die acht Tage
herum. Da ward ihr etwas Angst, und es war ihr, als sei das auch krank,
und sie machte sich gleich auf und ging wieder hin zu seinem Schloss.
Wie sie aber wieder ankam, war's ganz still und traurig darin, die
Musikanten spielten nicht, und alles war mit schwarzem Flor behangen.
Der Garten aber war ganz Winter und von Schnee bedeckt.
Und wie sie das Tier selber suchte, war es fort, und sie suchte
aller Orten, aber sie konnte es nicht finden.
Da war sie doppelt traurig, und wusste sich nicht zu trösten,
und einmal ging sie so traurig im Garten, und sah einen Haufen Kohlhäupter,
die waren oben schon alt und faul, da legte sie die herum, und wie sie
ein paar umgedreht hatte, sah sie ihr liebes Tier, das lag darunter und
war tot.
Geschwind holte sie Wasser und begoss es damit unaufhörlich,
da sprang es auf und war auf einmal verwandelt und ein schöner Prinz.
Da ward Hochzeit gehalten und die Musikanten spielten gleich wieder, die
Sommerseite im Garten kam prächtig hervor, und der schwarze Flor ward
abgerissen, und sie lebten vergnügt miteinander immerdar.
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