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Andersen,
Hans Christian (1805-1875)
Die Prinzessin auf der Erbse
Es war einmal ein Prinz, der wollte eine Prinzessin heiraten. Aber
das sollte eine wirkliche Prinzessin sein. Da reiste er in der ganzen Welt
herum, um eine solche zu finden, aber überall fehlte etwas. Prinzessinnen
gab es genug, aber ob es wirkliche Prinzessinnen waren, konnte er nie herausfinden.
Immer war da etwas, was nicht ganz in Ordnung war. Da kam er wieder nach
Hause und war ganz traurig, denn er wollte doch gern eine wirkliche Prinzessin
haben.
Eines Abends zog ein furchtbares Wetter auf; es blitzte und donnerte,
der Regen stürzte herab, und es war ganz entsetzlich. Da klopfte es
an das Stadttor, und der alte König ging hin, um aufzumachen.
Es war eine Prinzessin, die draußen vor dem Tor stand. Aber
wie sah sie vom Regen und dem bösen Wetter aus! Das Wasser lief ihr
von den Haaren und Kleidern herab, lief in die Schnäbel der Schuhe
hinein und zum Absatz wieder hinaus. Sie sagte, daß sie eine wirkliche
Prinzessin wäre.
"Ja, das werden wir schon erfahren!" dachte die alte Königin,
aber sie sagte nichts, ging in die Schlafkammer hinein, nahm alles Bettzeug
ab und legte eine Erbse auf den Boden der Bettstelle. Dann nahm sie zwanzig
Matratzen, legte sie auf die Erbse und dann noch zwanzig Eiderdaunendecken
oben auf die Matratzen.
Hier sollte nun die Prinzessin die ganze Nacht über liegen.
Am Morgen wurde sie gefragt, wie sie gesehlafen hätte.
"Oh, entsetzlich schlecht!" sagte die Prinzessin. "Ich
habe fast die ganze Nacht kein Auge geschlossen! Gott weiß, was in
meinem Bett gewesen ist. Ich habe auf etwas Hartem gelegen, so daß
ich am ganzen Körper ganz braun und blau bin! Es ist ganz entsetzlich!"
Daran konnte man sehen, daß sie eine wirkliche Prinzessin war,
da sie durch die zwanzig Matratzen und die zwanzig Eiderdaunendecken die
Erbse gespürt hatte. So feinfühlig konnte niemand sein außer
einer echten Prinzessin.
Da nahm sie der Prinz zur Frau, denn nun wußte er, daß
er eine wirkliche Prinzessin gefunden hatte. Und die Erbse kam auf die
Kunstkammer, wo sie noch zu sehen ist, wenn sie niemand gestohlen hat.
Seht, das war eine wirkliche Geschichte!
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