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Bürger, Gottfried August (1747-1794)

Die Umarmung

Wie um ihren Stab die Rebe
Brünstig ihre Ranke strickt;
Wie der Epheu sein Gewebe
An der Ulme Busen drückt;

Wie ein Taubenpaar sich schnäbelt
Und auf ausgeforschtem Nest,
Von der Liebe Rausch umnebelt,
Haschen sich und würgen läßt:

Dürft‘ ich so dich rund umfangen!
Dürftest du, Geliebte, mich!
Dürften so zusammenhangen
Unsre Lippen ewiglich! –

Denn von keines Fürsten Mahle,
Nicht von seines Gartens Frucht,
Noch des Rebengottes Schale
Würde dann mein Gaum versucht.

Sterben wollt‘ ich im Genusse,
Wie ihn deine Lippe beut,
Sterben in dem langen Kusse
Wollustvoller Trunkenheit! –

Komm‘, o komm‘ und laß uns sterben!
Mir entlodert schon der Geist.
Fluch vermachet sei dem Erben,
Der uns von einander reißt!

Unter Myrten, wo wir fallen,
Bleib‘ uns Eine Gruft bevor!
Unsre Seelen aber wallen
In vereintem Hauch empor

In die seligen Gefilde
Voller Wohlgeruch und Pracht,
Denen stete Frühlingsmilde
Vom entwölkten Himmel lacht;

Wo die Bäume schöner blühen,
Wo die Quellen, wo der Wind
Und der Vögel Melodieen
Lieblicher und reiner sind;

Wo das Auge des Betrübten
Seine Thränen ausgeweint,
Und Geliebte mit Geliebten
Ewig das Geschick vereint;

Wo nun Phaon voll Bedauren
Seiner Sappho sich erbarmt,
Wo Petrarca ruhig Lauren
An der reinsten Quell' umarmt;

Und auf rund umschirmten Wiesen,
Nicht von Argwohn mehr gestört,
Glücklicher bei Heloisen
Abälard die Liebe lehrt.

O des Himmels voller Freuden,
Den ich da schon offen sah!
Komm'! von hinnen laß uns scheiden:
Eia! wären wir schon da!

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