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Opitz,
Martin (1597 -1639)
Carpe diem
Ich empfinde fast ein Grauen,
dass ich, Plato, für und für
bin gesessen über dir.
Es ist Zeit hinauszuschauen
und sich bei den frischen Quellen
in dem Grünen zu ergehn,
wo die schönen Blumen stehn
und die Fischer Netze stellen!
Wozu dient das Studieren
als zu lauter Ungemach!
Unterdessen läuft die Bach
unsers Lebens, das wir führen,
ehe wir es inne werden,
auf unser letztes Ende hin:
dann kömmt ohne Geist und Sinn
alles in die Erden.
Holla, Junger, geh und frage,
wo der beste Trunk mag sein,
nimm den Krug und fülle Wein!
Alles Trauern, Leid und Klage,
wie wir Menschen täglich haben,
eh uns *Clotho fortgerafft,
will ich in den süßen Saft,
den die Traube gibt, vergraben.
Kaufe gleichfalls auch Melonen
und vergiss des Zuckers nicht,
schaue nur, dass nichts gebricht!
Jener mag der Heller schonen,
der bei seinem Gold und Schätzen
tolle sich zu kränken pflegt
und nicht satt zu Bette legt;
ich will, weil ich kann mich letzten!
Bitte meine guten Brüder
auf die Musik und auf ein Glas!
Kein Ding schickt mich, dünkt mich, bass
als gut Trank und gute Lieder.
Lass ich gleich nicht viel zu erben,
ei, so hab ich edlen Wein!
Will mit andren lustig sein,
muss ich gleich alleine sterben. |
Buchtipp: Orte
und Gedichte von Martin Opitz Thelem Universitätsverlag 1999
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