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>Ferienzeit, Reisezeit
wird uns in der Werbung heutzutage als die
"schönste Zeit des Jahres" angeboten. Seit es die gesetzlich garantierte
Urlaubszeit gibt, fahren wir in Urlaub, seit Reisen immer billiger werden
durch den Massentourismus, sind sie nicht mehr Luxus für wenige, sondern
für alle erschwinglich.
"Ich verstehe nur Bahnhof" (umgangssprachlich "etwas nicht verstehen") hätten Menschen noch vor zwei Jahrhunderten gesagt, wenn Sie die uns heute so geläufigen Begriffe wie Autoreisen, Bahnreisen, Flugreisen, Forschungsreisen (wie sie z. B. Humboldt unternahm), Gartenreisen, Last-Minute-Reisen, Osterreisen (Ausflugsziele für Gartenfreunde in der Osterzeit), Seniorenreisen, Single Reisen, Studienreisen, Urlaubsreisen, Weihnachtsreisen (spezielle Weihnachtsreiseziele wie Weihnachtsmärkte) oder Zugreisen gehört hätten. Wir Gartenfreunde nutzen die Reisezeit auch gern, um fremde Gärten anschauen. In Form von speziell ausgearbeiteten Gartenreisen ist das ein besonderes Vergnügen! Ursprünglich verwendeten kriegsmüde Soldaten Ende des 1. Weltkrieges die Redewendung, um jedes andere Thema als die ersehnte Heimreise abzuwürgen. Der Bahnhof stand für die Rückkehr aus dem Krieg in die Heimat. Die Redewendung hatte damit auch - damals wie heute - die Bedeutung: "Ich missbillige, was du sagst und will nichts anderes mehr hören!" Nach der Erfindung der Eisenbahn (sie roch nach Dampf, Kohlenrauch, Schmieröl - in Eisenbahnmuseen "riecht" man die alte Zeit) waren Raum und Zeit nicht mehr das, was sie vorher waren... Die Eisenbahn hat nicht nur die industrielle Revolution angetrieben, sondern auch unseren Umgang mit der Zeit nachhaltig verändert. Ortszeiten sind für alle Orte desselben Längengrades gleich. Orte jedoch, die auf unterschiedlichen Längenkreisen liegen, haben unterschiedliche Ortszeiten. Über die Jahrhunderte war das nicht weiter tragisch, dass jeder Ort sein eigenes Zeitsystem hatte. Die sogenannte "Globalisierung" erstreckte sich nur auf wenige Kilometer und schließlich kam es damals auch nicht auf ein paar Minuten an; man kannte noch keine "notwendige Pünktlichkeit". Spätestens, als es Eisenbahnzüge gab, die die Entfernungen schrumpfen ließen, wurden die unterschiedlichen Ortszeiten jedoch zum Problem. Es mußten funktionierende Fahrpläne erstellt werden Durch die nun einsetzende Beschleunigung des Verkehrs änderte sich die Raum-Zeit-Relation grundlegend und zwar zugunsten des Zeitprinzips. Der Raum bleibt ja tatsächlich der gleiche, wenn man ihn auch schneller durchqueren kann; jedoch ändert sich die Zeit, die man dafür braucht. Die Geographen nennen das Phänomen den relativen Raum oder auch subjektiven Raum. Wenn ich mit Hochgeschwindigkeitszügen große Entfernungen in kurzer Zeit zurücklegen daß mir ein Ort, der eigentlich weiter entfernt liegt näher erscheint, als einer, zu dem ich stundenlang im Regionalverkehr von Vorort zu Vorort bummle. Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Europa erst also verschiedene Ortszeiten, die jedoch durch den Fahrplan der Eisenbahn wieder egalisiert werden mußten, denn die Reisenden wurden durch die unterschiedlichen Zeiten regelmäßig in ein Chaos geführt; es entstanden unnötige Wartezeiten. Wer seinen Zug nicht verpassen wollte, mußte fortan auf die Uhr schauen. Schließlich erfand man erfand die Zonenzeit. Der Globus wurde in 24 Streifen zu je 15 Längengraden - was einer Zeitdifferenz von 1 Stunde entspricht - aufgeteilt. Ausgangspunkt dieses Zonensystems ist der Längenkreis 0° in Greenwich bei London (Greenwich-Zeit). Erst durch die Erfindung des elektromagnetischen Zeigertelegrafen durch Gauss und Weber 1833 aber konnte die Zeit an beliebig viele Orte übermittelt werden, 1840 dann durch elektrische Übertragung eine Uhr direkt andere Uhren steuern (nach dem Prinzip unserer Funkuhr) und so konnte man sich dann auf eine Weltzeit einigen. Sie ist auch die Zonenzeit für unsere Westeuropäische Zeit (WEZ). Überall tauchten jetzt die Bahnhofsuhren auf dem Bahnhofsgelände auf, die Passagieren und Bahnpersonal die verbindliche Zeit für den Zugverkehr vorgab. Eisenbahnuhr (Kursuhr) nennt man die übergroße Dienst-Taschenuhr mit robustem Metallgehäuse und einem hochwertigen Ankerwerk, die früher dem Zugführer zur präzisen Einhaltung des Fahrplans diente oder auch robuste, in der Konstruktion einfache, aber zuverlässige Taschenuhren, die bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts gebaut wurden. Sie wurden von den Eisenbahnern verwendet und trugen deshalb auf dem hinteren Deckel eine eingravierte Eisenbahn. Weltzeituhr in Berlin Bahnhöfe - und auch Flughäfen - sind heute nicht mehr nur Ab- oder Ankunftsorte, sondern entwickeln sich immer mehr zu Einkaufszentren. Geschäfte und Lokale sollen die Wartezeiten überbrücken und laden zum Konsum ein. Diese Orte der Ankunft und des Abschieds sind aber auch immer schon Orte der Literatur gewesen. Sie tauchen in Gedichten auf, sie wurden vertont, gemalt, abgelichtet und gefilmt. Der Bahnhof ist ein Ort wuseligen Lebens und Treibens, rasch dahineilender Menschen, hastend, anonym, aneinander vorbei aber auch Synonym für einen Ort dichter Kommunikation und bewusster Begegnung, ein Ort mit eigenem Flair, eigenen Gerüchen, eigenem Rhythmus und besonderen Bildern. Heutzutage vermischen sich sogar Eisenbahn und Literatur; die "LiteraturLounge" im Frankfurter Hauptbahnhof ist ein erfolgreiches Beispiel für diesen kulturellen Trend und hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Fixpunkt des Frankfurter literarischen Lebens entwickelt. |